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Wilhelm Thaller

Mit dem Motorsegler
von Österreich über Nepal
nach Australien

(Teil 2)

REISEKRITERIEN - WARUM MUSCAT UND NICHT DIREKT VOM IRAN NACH PAKISTAN
Gerne hätte ich die Abkürzung genommen, über Chah Bahar an der Grenze vom Iran zu Pakistan genommen. Shah Bahar konnte aber kein Avgas bereitstellen.
Meine Planung für die gesamte Reise hatte drei Fixpunkte. Erstens hatte ich Internationale Flughäfen zu benutzen, da nahezu jede Landung entweder mit einer Ein- oder Ausreise im Land verbunden war. Zweitens war ich auf Tageslicht beschränkt. Eine ziemliche Herausforderung im Winter, wenn die Tage kurz sind. Mit der Reichweite von 9 Stunden war ich jeweils für einen Tag versorgt. Dann musste ich auch noch Treibstoff bekommen. Das alles im vorhinein zu organisieren, war eine erhebliche Herausforderung. Faktoren wie Kosten oder Bequemlichkeit konnten nicht mehr berücksichtigt werden.

LUFTWANDERN
Es war faszinierend wie langsam ich einerseits unterwegs war. Gerade 100 Knoten Reisegeschwindigkeit und sechs bis sieben Flugstunden am Tag. Also richtiges Luftwandern. Dennoch hatte ich jeden Tag eine andere Welt unter mir. Am ersten Tag Bulgarien. Am zweiten dann die Türkei, dann der Iran. Gleich werden der Oman und noch Pakistan folgen. Es fehlt „nur“ noch Indien und das Ziel Nepal.

FLUGHAFENGEBÜREN
Im Vorfeld wurde ich bereits gewarnt dass die Flughafengebühren hoch seien. Jede Landung kostete mich um die zweitausend USD. Mit der Firma MJet und Palm Aviation in Dubai hatte ich die Planung gemacht.
Bei MJet habe ich fast zehn Jahre gearbeitet und hatte immer ein gutes Verhältnis. Insbesondere mit dem Boss Vitalie hatte ich ein besonders vertrauensvolles Verhältnis. Beide sind wir immer dazu gestanden was ausgemacht war und haben uns dabei gegenseitig unterstützt.
So kam es, dass alle Rechnungen zuerst an Mjet gingen und diese auch bezahlt wurden. Unbeschränkter Kredit macht alles einfacher! Ich wollte die Reise einfach machen und habe mir kein Limit gesetzt was es kosten dürfe. Ich hatte auch ein paar tausend Euro in bar mit, welche sich aber problemlos auflösten. Mal Taxi hier, mal bar dort, mal wechseln und so geht ein Fünfhunderter nach dem anderen weg.
Ich war nur froh das jetzt alles so gut lief.
Nun wurde es zunehmend wärmer. Dubai liegt doch erheblich südlicher als Zell am See. Auch die Lufthansa braucht zumindest 5 Stunden um dorthin zu kommen. Es war das erste mal, dass ich die Lüftungsklappe öffnete um Frischluft während des Fluges zu bekommen. Auch die Daunenjacke habe ich ausgezogen. Auch die Schaumgummi Dichtungen welche mich bisher immer vor kalter Luft von außen bewahrten, waren zumindest vorläufig nicht mehr notwendig.
Nachdem ich von UAE (Abkürzung für United Arab Emirates) an Muscat übergeben hatte requestete ich einen Sinkflug auf 500 Fuß für die letzten 70 Meilen. Mein Request wurde sofort genehmigt. Nach dem Sinkflug genoss ich die warme Luft und den Fug entlang der Küste. Es war der kürzeste geplante seit Beginn der Reise. Nur fünf ein halb Flugstunden.
Diesmal hatte ich sogar Zeit, um kleine Inseln just for fun zu umrunden. Nachdem ich den großen Flughafen in Sicht hatte, wurde ich für einen Direkt Anflug freigegeben. VFR Karten für Flughäfen gibt es nur in Europa und in Amerika. Ansonsten sind Flüge nach Sicht die absolute Ausnahme. Die Landung nach dem „Cleared to land 07 right“ war Standard. Es war wichtig vor der Landung zu wissen wo man die Piste zu verlassen gedenkt. Keine gute Idee auf einer 4 km Piste mit erheblich Verkehr 3,5 km zu rollen. Noch im Landeanflug fragte der Tower ob ich denn selbständig rollen könne. Die Stützräder sind aus 7 km Entfernung nicht auszumachen. No assistance required war meine Antwort.
Nach der Landung gab es ein Problem. Erstens konnte ich den Grund auf seiner Frequenz nicht hören. Die Ausmaße des Flughafens von Muscat sind beeindruckend. Wo sollte ich hin rollen ohne Anweisung. Über den Tower bekam ich dann aber die Anweisung mitgeteilt. Es ging zum GA Apron. Dort wurde ich gefragt welchen service ich denn gerne hätte? Cabin cleaning or Toilet service? Leider bezahlt man diese Services auch wenn man sie nicht benutzt. Einfach die Standard Fragen. Auf den Flieger hat er wohl nicht geschaut.
Wie meinen Flieger für die Nacht befestigen? Nichts war da. Der Follow me war gleich wieder verschwunden. Tanken war an dieser Position auch nicht erlaubt. Alles war mühsam und keine Hilfe weit und breit.
Ein Araber wollte wissen was denn so ein Flieger kosten würde? Meine Antwort mit Größenordnung 60.000 Euro verwunderte ihn sichtlich. Mein Range Rover kostet bereits 80.000,-. Darauf konnte ich nur antworten, dass er trotzdem nicht fliegt.
Endlich wurde ich mit einem Bus ins Gebäude gebracht. Dort konnte ich mir das Handling Büro suchen.

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Muscat Airport im Bau

TREIBSTOFFPREISE IM OMAN
Man klärte mich noch auf, dass es zwar Avgas gibt, aber nur gegen Omani Rial in bar! Keine Kredit Karte. OK ich werde halt genug wechseln. Da sich mein Verbrauch pro Stunde ziemlich genau bei 13 Litern pro Stunde bewegte, konnte ich immer ziemlich genau vorhersagen wie viel ich tanken wollte. Man teilte mir mit dass ein Liter 2,5 Omani Ding Dong kosten. Für 2,5 für eine Omani hat man aber MEHR ALS 2,5 $ hinzulegen.
Sollte hier im Land des Öls ein Liter wirklich mehr als 5 Euro kosten? Kann ja wohl nicht sein. Vermutlich kann wieder mal jemand nicht Liter von Gallonen unterscheiden. Am Ende kostete der Liter über 5 Euro. Ich kam mir dabei wie ausgeraubt vor. Alternativen gibt es aber keine und somit blieb ich bei der Devise „zahle ohne zu klagen“.
Der Taxi Fahrer hat mir eine Absteige vorgeschlagen. Mit 3 Sternen, nicht weit vom Flughafen um 50 $ für eine Nacht. Am Abend besuchte ich eine Shopping Mall, da ich annahm es wäre für längere Zeit die letzte. Wie immer ist auch die Amerikanische Botschaft in diesen Gebäuden. Erkennbar am großen McDonalds-Logo. Bereits am Abend war die Genehmigung für Pakistan eingetroffen.

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PROBLEME MIT NEPAL
Nun machte erstaunlicherweise Nepal Probleme.
Die wollen Dokumente über Mountain Training; Simulator Training am Aircraft type. Versicherung über 65 Millionen USD. Das ist alles Ok für eine Boeing oder einen Airbus. Aber nicht für einen 650 kg Holz Flieger. Mal sehen wie ich da herauskomme.

SIMULATOR
Sim Training kann ich von der Gulfstream nachweisen. Das hat sich folgendermaßen ergeben.
Bei meinem letzten Training in den USA war mein Rückflug für Sonntag Abend gebucht. Am frühen Morgen absolvierte ich noch meinen FAA check, um auch mit der FAA Lizenz current zu bleiben. Danach waren Wartungsarbeiten am Simulator geplant. Somit blieb ich am Simulator anstatt alleine den ganzen Tag sinnlos herumzusitzen.
Der erste Teil der Wartungsarbeiten war für die Szenerie in Anchorage vorgesehen. Ich hatte die Aufgabe herumzurollen und Bodenmarkierungen zu überprüfen. Das war schnell erledigt. Ich sagte beiläufig „ McKinley is a great montain“. Die Amerikaner hatten noch nie etwas von einem Berg McKinley gehört. Also nichts wie hin. Ich flog um den Berg.
Es ist schon erstaunlich wie nahe diese Simulatoren an der Realität sind. 480 Knoten und VFR am Berg entlang. Dann kamen wir auf den K2 zu sprechen. Ein kurzes reposition und schon war ich dort. Der Berg der Berge vor mir. Kein Mensch kann dort fliegen und ich bin dort. Rund herum, auf und ab. Mit wenig Sprit aber viel Leistung. Nachtanken geht am Simulator ganz leicht. Noch nie hatte ich solche Flüge! Wenn man schon in der Gegend ist, warum nicht auch zum Everest? Gesagt und schon war ich auf der Piste in Kathmandu. Gas geben und über Lukla zum Khumbu Gletscher. Weiter zum Gipfel. Am Simulator braucht man sich auch nicht um Genehmigungen kümmern. China, Nepal, alles ist möglich. So konnte ich ruhigen Gewissens mitteilen das ich Kathmandu Simulator Training hatte.
Manchmal braucht man halt auch ein bisschen Glück. Diesen 650 kg Holz Flieger auf 65 Millionen $ zu versichern kam nicht in Frage. Nachdem ich Bilder vom Flieger und das Handbuch geschickt hatte verzichtete man auf die horrende Versicherungssumme.

VESICHERUNG
Bis zu dieser Reise hatte ich mein Flugzeug nur Haftpflicht versichert. Erstaunlicherweise hat sowohl die Erweiterung der Versicherung auf Weltweit als auch die Kasko nur wenig Geld gekostet. Mir war klar dass selbst ein kleiner Schaden einen Totalverlust bedeuten würde, da kaum Reparaturmöglichkeiten am Weg waren. Sollte jemand den Flieger unsachgemäß umparken kann es schon passieren. Was, wenn mich ein Abgasstrahl eines Verkehrsflugzeuges trifft. Dann ist mein Flieger mit Sicherheit zerstört. Auch gab es währen der Reise kaum Hangarierungs Möglichkeiten. Somit war auch ein Schaden bedingt durch Wetter durchaus im Bereich des Möglichen. Für 1500,- € hat man mir alle diese Risiken abgenommen.

ZUSATZTANK IST BESCHÄDIGT
Beim Tanken am Morgen stellte ich eine Beschädigung am kleinen Zusatztank fest. Das Metallteil des Ventils hat den Gummi beschädigt. Der Tank war nicht mehr dicht. Ich brauchte ihn aber für den nächsten Flug nach Karachi in Pakistan. Auch die Zeit war knapp. Also musste mein Alu tape dafür herhalten. Dieses tape hält bei jeder Geschwindigkeit und passt sich allen Formen an. Ein wahres Wundermittel für schnelle Notlösungen. Warum es kaum verbreitet ist, kann ich nicht nachvollziehen. Jedenfalls hat die Reparatur funktioniert. Natürlich wurde von nun an immer zuerst der Tank entleert. In Muscat war es das erste mal, und sollte auch das einzige mal bleiben, dass man vor dem Tanken das Geld sehen wollte. So viel zum Vertrauen der Araber. Es war Zeit diesen Platz zu verlassen.
Es ging zur Piste und starten. Nach dem Abheben wie gewöhnlich das Fahrwerk einfahren und Geschwindigkeit aufholen. Plötzlich ein laut schlagendes böses „Geräusch“. Was kann denn das sein? Ein Blick nach hinten offenbarte die Ursache. Mit all dem Ärger ist der Teil des Gurtes mit dem schweren Verschluss draußen geblieben.
Bisher hatte ich immer die Zusatztanks festgeschnallt. Diesmal habe ich darauf verzichtet. Welch ein Fehler. Es gab keine Möglichkeit das Problem im Flug zu beheben. Ich brauchte ein relanding. Ich erklärte, dass ich nur eine halbe Minute auf der Runway brauchen würde und sofort wieder startbereit sein würde. Bei einem Notfall gibt es immer gleich ein cleared to land. Danach die Haube einen Spalt breit öffnen und den Gurt ins Cockpit bringen.
War ich froh als ich gleich wieder airborne war. Nicht auszudenken wenn sie mich zum Zahlen wieder hinein geholt hätten. Alles hätte sich um einen Tag verschoben. Die Genehmigungen von Indien hätten neu beantragt werden müssen. Alles hätte wirklich viel Geld gekostet. Viel Geld heißt zumindest tausende Euros. Dieser Kelch ist aber an mir vorbei gegangen! Der zweite Start war normal. Mit einem left turn ging es nun Richtung Pakistan. Dann passierte etwas Seltenes.

STROMAUSFALL
Am Flughafen und auch bei ATC war der Strom ausgefallen. Alle Controller hatten ihr Radarbild verloren. Sichtlich war auch kein Notstrom unmittelbar verfügbar. Alle Flugzeuge wollten wissen, wo sie den hin sollten. Die Controller hatten auch keinen Überblick mehr. Es wurde Anweisung gegeben Karachi mitzuteilen „We do not accept any traffic!“. Für wie lange war nicht abzusehen. Auf der Notfrequenz 121,5 welche normalerweise kaum benutzt wird herrschte Betrieb wie sonst in Oshkosh während der Flugshow. Da ich aber bereits am Weg war berührte mich der Ausfall nur mehr am Rande. In meiner Höhe war auch kein Airliner zu erwarten. Somit ging es das zweite Mal über Wasser. Etwa zwei Stunden waren geplant bis ich die Pakistanische Küste erreichen würde. Dieser wollte ich in ca. 30 bis 50 nm folgen. Dem Flieger ist es sowieso egal ob er über Wasser oder über Land fliegt.
Etwa 1 Stunde vor der Landung in Karachi wurde ich gefragt ob ich denn ein einmotoriges Flugzeug sei? Nachdem ich bestätigt hatte, dass ich ein kleines einmotoriges Flugzeug sei, wurde ich umgehend aufgefordert der Küste entlang zu fliegen. Diese 20 Minuten Umweg machten mir auch nichts mehr aus, nachdem ich bereits 5 Stunden über Wasser war. Im Anflug wurde ich mit Position reports eingedeckt. Radial inbound, Radial outbound, DME usw. usw.. Vollkommen sinnlos, da ich noch in 5000 ft war und keinen 30 nm Approach zu fliegen gedachte.

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Abendlicher Anflug auf Karachi


KARACHI IN PAKISTAN

Am Flughafen wurde ich zuerst am Apron abgestellt. Dann ging es über eine Straße aus dem Flughafen hinaus zum Aeroclub, wo man Treibstoff für mich hatte.

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In Muscat ist auch mein Stützrad – Besenstiel wieder gebrochen. Alles war etwas abenteuerlich und es wurde bald finster. Alle waren hilfsbereit! Mittlerweile war ich froh wenn der Spritpreis unter 5$ pro Liter geblieben ist. Hier hatte ich für 75 Liter 400€ bezahlt. Sie wären auch mit der gleichen Summe Dollar zufrieden gewesen, aber die waren schon aufgebraucht. Kaum vorstellbar diese Preise. Das Avgas wird in Fässern gekauft von den Arabern geliefert. Es ist jeder selber schuld wenn er keinen Flieger hat, welcher mit Jet Fuel betrieben werden kann. Bis ein brauchbarer Besenstiel für das Stützrad gefunden wurde verging Zeit. Alles dauerte lange. Nach der ganzen Tankgeschichte außerhalb des Flughafens hatte ich meinen Flieger wieder zurück zu bringen. Also ca. 1 km schieben.
Als ich mit den Arbeiten an der Tankstelle fertig war, wünsche mir einer der Anwesenden „Allah beschütze Deinen Weg“. Selten habe ich etwas so ehrlich gemeint empfunden wie diesen Wunsch.

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Bis ich den Flieger am Apron versorgt hatte, war es bereits 21:00 Lokal Zeit. Zu Hause war es erst 17:00.
Nun aber nichts wie ins Hotel. Crown Placa ist die einzige Adresse welche akzeptabel ist. 120$ für die Nacht, aber was soll´s, ich brauche dringend Nachtruhe. Morgen wird ein langer Tag nach Indien und weiter nach Bhopal.
Zur Anreise ins Hotel braucht man ein Taxi. Aber es kummt net, kummt net.

HUNGER
Mein Hunger hat sich massiv gemeldet. Bankomaten welcher mir lokale Ding Dong geben hätte, war keiner verfügbar. Ich fragte den Handling Agent ob er Geld für einen Snack habe. Nein er hatte gar kein Geld.
In einiger Entfernung war ein McDonalds zu sehen. In der Not kann man ja versuchen, dort mit Kredit Karte zu bezahlen. Meine Frage am „Do you accept Credit Card?“ wurde mit einem glatten „Of course - selbstverständlich“ beantwortet. Also nichts wie bestellen. Auch für meinen Agenten. Er traute sich nicht richtig obwohl ich ihn aufforderte keine Hemmungen zu haben. Ich orderte 9 Stück Chicken mc nuggets, Pommes – die große Packung mit reichlich Ketchup und Salat und Wasser. Seit Langem esse ich kaum mehr Fleisch. Hühner schon gar nicht. Alleine die Vorstellung der Massentierhaltung hat mir den Appetit darauf genommen. Dann noch alles mit Hormonen und Antibiotika.
Hier in Karachi hat der Hunger gewonnen. Ohne die geringsten Hemmungen habe ich gegessen. Welche ein Fest, diese Mahlzeit. Im Nachhinein gesehen muss der Hunger wirklich groß geworden sein.

HOTEL IN KARACHI
Die Fahrt ins Hotel war ein Erlebnis! Leider war es finster und ich konnte keine vernünftigen Aufnahmen machen. Der Erlebniswert dieser Fahrt war enorm!
Die Einfahrt zum Hotel war mit massiven Betonblöcken gesichert. Nur im Schritttempo kam man an schwer mit Maschinen Pistolen bewaffneter Security vorbei. Mit viel Beton. Da kommt kein mit Sprengstoff gefüllter Wagen bis zur Tür. Mir war klar dass es sich hier um ein Land mit Gefährdungspotential handelte. Irgendwann werden wieder Terroristen es schaffen in das Hotel der ungläubigen einzudringen und dort ein Gemetzel verursachen. Am Hoteleingang ist ein regelrechter Security-Auflauf.
Das Crown Plaza tat was man tun konnte. Ich hoffte halt nicht gerade dann dort zu sein, wenn das Unglück passieren sollte.
Es handelt sich um ein 5 Sterne Hotel. Allerdings für Pakistanische Verhältnisse. Die Zimmer und die Dusche sind jedoch für bestenfalls drei Sterne gut. Die Steckdosen hängen heraus. Es ist halt nicht mehr ganz so wie man es von zu Hause gewohnt ist. Wenn man es so will wie es zu Hause ist, dann ist es auch besser zu Hause zu bleiben.
Kann man dem Risiko des Lebens entkommen. Ich glaube nicht. Zwar kann ich das Risiko vermeiden in Karachi bei einem Anschlag erwischt zu werden. Das ist einfach indem ich nicht hingehe. Wenn ich zu Hause bleibe kann ich aber in einen Autounfall verwickelt werden. Auch dieses Risiko kann ich vermeiden, indem ich mich auf einem Schiff aufhalte. Dafür kann dieses untergehen. Auch dieses Risiko kann ich vermeiden, indem ich in die Berge gehe. Zuletzt kann ich immer nur ein Risiko gegen ein anderes tauschen. Niemals können wir dem Risiko des Lebens entkommen.
Sehr spät kam ich endlich ins Bett. Bald müsste ich es bereits wieder verlassen. Mit der Müdigkeit kämpfend habe ich noch kurz meinen Blog geschrieben und alle Geräte aufgeladen. Alles dauert und der Schlaf fehlt mir.
Mein Abholer versprach, pünktlich am Morgen mich wieder abzuholen.
Am Morgen durfte ich nochmals den Verkehr erleben. Die Fahrer auf ihren dreirädrigen Tuk Tuk sind eigentlich eine Schau. Bärtig mit Kutten und Turban wühlen Sie durch den Verkehr. Der grimmige Blick der Fahrer ist ein Erlebnis für sich.
Wer hat hier das Recht des Vorranges? Der Stärkere, der Schnellere oder doch der Größere? So genau konnte ich das nicht feststellen. Ich glaube das muss man „situationselastisch“ sehen. Mit wieviel Selbsterhaltungstrieb jemand ausgestattet ist, mag auch eine Rolle spielen.
Mein Fahrer hat während der Fahrt heftig und lang telefoniert. Vorsichtig fragte ich ob es denn sehr wichtig sei? Ja, ja... er müsse seine Frau wecken und das sei wohl wirklich wichtig war seine Antwort.

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Dieser Mann war mein Handling Agent. Er kannte sich aus und machte auch meinen Flugplan. Sein English war ausgesprochen gut. Mit Beschämung dachte ich, mit welchen Vorurteilen wir diesem gebildeten Mann bei uns entgegen treten würden. Nur weil er kein Geld hat ist er ein schlechter Mensch? Das kann es nicht sein.
Eine Erfahrung welche ich seit Langem mache ist, dass je ärmer die Leute sind umso mehr Hilfe kann man erwarten. Die können nur überleben oder weiter kommen indem sie sich gegenseitig helfen. Mit Geld können sie keine Hilfe kaufen.

Heute am 15.12. 2015 geht es nach Indien.
Nach meiner Ankunft am Flughafen rief mich mein Freund Hirishkesh aus Indien an. Ich hätte keine Clearance für Handling beantragt. Ich müsse meinen Abflug um etliche Stunden verschieben. Er wolle nicht dass ich ins Gefängnis komme.
Mit einer Stunde Verspätung konnte ich endlich abheben. Ich war in der Luft und stieg auf 9.000 ft. Es dauerte ein halbe Stunde bis ich mich in der Hitze von Meereshöhe bis auf 9.000 Fuß geschleppt hatte. Vorschrift ist Vorschrift! Mittlerweile war ich einfach nur müde! Kaum vorstellbar müde!

SCHLAF
Ich wusste nicht, wie ich mich des Schlafes erwehren sollte. Ich kämpfte aber die Zeit ist stehen geblieben. Die Meilen wurden kaum weniger. Es waren noch drei Stunden vor mir. Wie sollte das gehen. Einfach landen war auch keine Option. Ich ließ mich auf einen Handel mit mir ein. 5 Sekunden die Augen geschlossen halten dann zu 100% wieder schauen. War die Richtung noch in Ordnung? Wenn ja wieder 5 Sekunden das gleiche Spiel. Auch in fünf Sekunden fährt der Körper herunter und erholt sich – wenn auch nur minimal. Das habe ich durchgezogen. In der Höhe ist Sekundenschlaf nicht gefährlich. Man fährt nirgends an. Der Flieger war immer perfekt ausgetrimmt und so konnte ich die Höhe ohne nennenswerte Korrekturen halten. Keine Methode welche ich empfehlen möchte, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich kann nicht einmal sagen wie lange ich das so gemacht habe, aber es wurde mein Zustand langsam wieder besser. Nicht gut, aber vom roten Bereich bin ich wieder in den gelben gekommen.

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Pakistan - Flach wie ein Land nur sein kann

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