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Wilhelm Thaller

Mit dem Motorsegler
von Österreich über Nepal
nach Australien

(Teil 3)

AHMEDABAD
Nun war ich in Indien angekommen. Nicht einmal mit meiner Geschäftsfliegerei war ich hier her gekommen. Es war jetzt nicht mehr nur warm, es wurde heiß. Die Temperatur lag bei 25° im Schatten. Alles war organisiert. Man hat auf mich gewartet. Die Einreiseformalitäten waren ziemlich rasch erledigt.
Leutnant Col V K Nager hat sich um alles gesorgt und mir auch noch eine kleines Geschenk mitgegeben.
Mein Flieger bekam einen Schattenplatz im Hangar. Sogar eine Security wurde abgestellt.
Man lud mich zu einem Mittagessen ein. Wie gerne hätte ich die Hilfsbereitschaft mit meiner Anwesenheit erwidert. Die Müdigkeit hatte mich noch immer fest im Griff.
Deshalb antwortete ich auf das Angebot der Einladung mit der Bitte um einen Schlafplatz für zwanzig Minuten. Ich konnte einfach nicht mehr.
Da mein Zustand mehr als offensichtlich war, brachte man mich in ein Zimmer, ich rückte die Sessel zusammen und schon war ich entschlafen.
Diese 20 Minuten Schlaf haben mich gerettet.

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Nun konnte es weitergehen nach Bohpal.
Geplante drei Stunden Flugzeit.
Um 18:00 wird es dunkel sein. Mein GPS zeigte im Steigflug bei einer Ground Speed von 170 kt eine Ankunftszeit von 18:00 an.
Also diesmal mit maximum power. OK, 100 kt IAS in FL 55 sind nicht die Welt aber für mich das Maximum was ich machen kann.
Um 17:30 war ich gelandet.
Zum ersten mal habe ich Erfahrung mit den schlechten Sichten in Indien gemacht. Kaum ein Platz meldet 3 km Sicht. Der Horizont verschwindet im Dunst. Der Boden ist gerade noch erkennbar wenn man gerade nach unten schaut. Ständig hatte ich das Gefühl mit zumindest 20° Schräglage zu fliegen. Nur mein künstlicher Horizont sagte etwas anderes. Niemals zuvor habe ich eine derartige Sinnestäuschung erlebt. Dieses Phänomen wurde zu meinem ständigen Begleiter in Indien.
Ich machte mir Sorgen was wohl der Tower sagen würde bei Sichten um 2 km? Für die war es aber normal mit diesen Sichten zu leben. Ich hätte aber auch nicht woanders hin fliegen können. Erstens war überall das gleiche Wetter bzw. der gleiche trockene Dunst und ein Ausweichplatz wäre zu weit weg gewesen.

Als ich zum Aeroclub rollte, war die Nacht finster wie sie nur finster sein konnte. Kein richtiger Taxiway. Schon gar keine Markierungen oder gar eine Beleuchtung. Es war kein Vergnügen mit den langen Flügeln an dem Gebüsch entlang zu rollen. Es war ziemlich abgelegen wo man mich zum Tanken hinbrachte.
Getankt wurde aus Kanistern. Gefiltert wurde der Benzin mit Leder und alles sah soweit vernünftig aus.
Der Helfer hatte für mich eine „Nachtschicht“ eingelegt.
Beim Zurückrollen von der Tankstelle auf das Vorfeld ist wieder mein Stützrad gebrochen. Besen aus Pakistan sind doch nicht für die Luftfahrt gemacht.

Seit geraumer Zeit machte mir der Funk Probleme. Immer öfter hatte ich die richtige Position des Headset Steckers zu eruieren.
Als Notlösung hatte ich ein Handfunkgerät mit, aber das war mehr als eine Notlösung. Der Funk ist auch mit gut funktionierendem Funkgerät und mit gutem Headset nur schwer zu verstehen. Ohne Headset ist ein vernünftiger Funkkontakt nicht möglich.

Es war nicht mehr weit nach Nepal. Mein Ziel war greifbar geworden!
Nach Bohpal wollte ich nach Patna. Das wäre der Kathmandu am nächsten gelegene Airport in Indien.
Heute früh hat mich Hrishi angerufen. Patna kann mich heute und morgen wegen „Massive Computer Failure“ nicht für international Departures akzeptieren. Bis die Genehmigung für einen anderen Platz da ist, kann ich leider nicht weiterfliegen. Um 18:00 Uhr ist es stockdunkel. Bei 5 Stunden Flugzeit ist also zu Mittag bereits Schluss mit wegfliegen.

Da ich nicht nach Patna konnte und für Gaya erst eine Genehmigung organisiert werden musste wurde es ein Tag ohne fliegen.

Alle Genehmigungen und Zeiten habe ich so einhalten können wie ich sie vor 6 Wochen als grobe Planung mal niedergeschrieben habe. Den Zeitplan habe ich damals nur als Richtlinie geplant. Der Zeitplan war notwendig um Anträge für Visums und Genehmigungen zu stellen.
Mir machte es gar nichts, mal einen Tag Pause zu haben.
Einmal so richtig ausrasten und nicht laufen und treiben und laufen und treiben zu müssen.
Zu Hause waren wohl manche froh, dass ich nun woanders der ständige Antreiber war. Hrishi wird das schon irgend wie hinkriegen, damit ich nach Nepal komme. Eigentlich bin ich selbst am meisten überrascht dass bisher alles wie geplant funktioniert hat.
Am Morgen ging ich zum Flughafen um zu sehen was ich organisieren konnte. Nicht allzu weit von meinem Flieger war ein Lear 60 geparkt an dem gearbeitet wurde. Vorsichtig begab ich mich zum Lear und fragte ob mir eventuell jemand helfen könne? Wo denn mein Problem wäre, wollte man wissen. Ich fing mal mit dem Funkproblem an. Avionik ist kein Problem! Das kriegen wir hin, meine der Mechaniker selbstbewusst. Bald darauf war er bei mir beschäftigt. Der Funk wurde wieder brauchbar! Wie war ich froh! Ohne Funk hätte ich wohl Hafner Tom aus Zell am See einfliegen lassen können. Der repariert alles.
Yatharta hat seinen Helfer in die Stadt geschickt, damit er mir ein gutes Holz für mein Stützrad organisiert. Somit war er dann den ganzen Tag bei mir beschäftigt. Am Abend hatte er noch einige Verbindungen zu löten. Gas Lötbrenner hatte oder kannte er nicht. Vom Flughafen haben wir ein Stromaggregat zur Verfügung gestellt bekommen.
Improvisieren bis man zum Ergebnis kommt. Am Abend, es bereits wieder stock dunkel beendeten wir die Wartungsarbeiten. Yatharta hat sich standhaft geweigert irgend eine Entschädigung anzunehmen.

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Hier war die Ursache meines Funkproblems. Alte Kabel hatten sich langsam gelöst.

Bild 30 Yatharta Jundal war der Künstler und Helfer!

MESSER
Es war wieder spät und ich war froh ins Hotel zurück zu kommen. Im Hotel bemerkte ich dass ich mein großes Schweizer Messer mitgenommen hatte. Es war mein Universalwerkzeug für alles. Wie sollte ich dieses Messer durch die Security bringen? Die erste Idee war, das Messer über die Mauer zu werfen und dann wenn ich zum Flieger ging es vom Vorfeld aufzuklauben. Die Idee erwies sich als nicht praktikabel. Circa 200 Meter hinter der ersten Mauer war leider eine zweite Mauer, welche das Vorfeld abschloss. Dieser Plan mit Werfen war also schon vor der Ausführung gescheitert.

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Also ging ich mit dem Messer zur Security und erklärte, dass es keine Waffe sondern mein zum Flugzeug gehörendes Werkzeug sei. Die Lady an der Security war mit meinen Argumenten nicht zu überzeugen. Ich gab auch nicht nach und so musste ihr Boss antreten. Nach Begutachtung des Messers sagte er: „Gib es mir“ und weg war es.
Es war schlimm für mich auf diese sinnlose Weise wegen einer Unachtsamkeit mein für mich wertvolles Werkzeug so zu verlieren. Ich ging also mit meinem Handgepäck und leicht wütend Richtung Vorfeld. Dort angekommen forderte mich der Security Boss auf, meine Laptop Tasche zu öffnen. Mein Gedanke war „was will er denn jetzt noch?“ Da rutschte das Messer in die Tasche. Mit allem hatte ich gerechnet, nur damit nicht. Die Bürokratie ist fürchterlich in Indien. Letztendlich findet sich aber doch für alles ein Weg, um mit dieser Bürokratie klar zu kommen.

Bevor es weiterging nach Gaya habe ich im Blog etliche Fragen von Interessierten beantwortet.

FRAGEN
Warum diese Strecke und nicht weiter nördlich?
Was wären die Alternativen?
Ein Überfliegen des Himalaya, ist mit dem Motorsegler rein technisch nicht möglich. Die meisten Übergänge sind über 5.000 Meter hoch. Der Himalaya ist groß und reicht im Osten bis nach Pakistan bzw. nach Afghanistan.
Im Norden ist Tibet welches von China besetzt ist. Eine absolute Flugverbotszone für nicht Chinesen. Selbst wenn wir mit dem Business Jet von China nach Kasachstan fliegen, müssen wir 500 nm von Tibet entfernt bleiben.
Afghanistan ist im Norden Kriegsgebiet und von den Taliban besetzt. Für diese Gegend gibt es keine Genehmigungen und ich hätte Angst, dass mein Flugzeug mit einer Drohne verwechselt wird.
Zudem fehlt jegliche Infrastruktur wie Flughäfen und Treibstoff.

Die Planung hat erheblichen Aufwand bedeutet.
1. Es muss überall Ein und Ausreise von jedem Staat gewährleistet sein.
2. Es muss auch Sprit geben. Selbst in der Türkei ist das bereits ein alles andere als einfach.
Es gibt zwar überall Jet Fuel. Dieser entspricht praktisch dem Diesel. Ich aber brauche Auto Benzin oder besser Avgas. Flugbenzin hat eine Oktanzahl von 100 und ist auch noch verbleit.
3. Die Beschränkung mit dem Tageslicht. Es ist Winter und die Tage sind kurz. Ich bin mit einem Motorsegler natürlich ganz VFR unterwegs und auf das Tageslicht beschränkt.
Viele UL Piloten würden über meine Ausrüstung nur lachen. Kein Autopilot. Alles ganz Basic wie der Flieger vor 45 Jahren gebaut wurde. OK ein guter Horizont ist drinnen. Auch ein Garmin 500 mit Pazifik Data Base ist im 21. Jahrhundert ein Muss.Bild 32
Ein ganz einfaches Cockpit

Zusätzlich verwendete ich noch mein Handy mit Airnav Pro.
Am iPad mini habe ich alle VFR und IFR Karten weltweit. Damit mache ich die Planungen, da ich praktisch überall an Luftstraßen gebunden bin.

Warum im Dezember?

In erster Linie musste ich dem Sommer und dem Winter Monsun in Indien entkommen.

NACH GAYA
Von Bhopal nach Gaya sollten es 41/2 Stunden werden. Am Nachmittag war der Weiterflug nach Kathmandu geplant.
Zuerst musste ich aber in Bhopal noch bezahlen. Die Bürokratie hatte ihren Auftritt.
Zuerst war ein Brief aufzusetzen, warum ich zum Flieger muss. Etwas mühsam was sie da wollten, aber man ist ja flexibel.
Dann waren 23 USD ATC Gebühr zu bezahlen. 25 $ konnte man nicht nehmen da der Betrag nur 23 $ ausmacht. 20 $ und 5 € ging schon gar nicht. Kredit Karte war auch keine Option. Irgendwann haben Sie doch die 2 $ als Spende angenommen.
Der Abflug hat sich verzögert da Gaya heute erst später öffnet.
Endlich war ich im Flieger und requestete „taxi“. Da kam aber umgehend die Rüge. Ohne Start up Genehmigung habe ich mein Triebwerk nicht zu starten! Letztendlich durfte ich starten.
Entlang der vorgeschriebenen Route ging es nach Gaya. Wieder diese sehr schlechte Sicht. Kein Horizont für Stunden. Kaum Erdsicht und nur verschwommen die Sonne. Für Stunden gab es keine Funkverbindung. Der Boden ist soweit sichtbar trocken und staubig. Immer wieder Rauchschwaden. Trotz einer Temperatur von 25° war der Taupunkt nur wenig über 0°C.
Immer diese Täuschung mit der Schräglage. Wenn weder der Boden, und auch der Horizont nicht erkennbar ist dann ist für unser Unterbewusstsein oben wo die Sonne ist. Die ist aber nicht genau oben sondern nur schräg über dem Flieger. Zumindest wenn er gerade fliegt. Wenn die Sonne über dem Flugzeug steht hat das Flugzeug eine Schräglage von etwa 20°. Alles logisch, nur das Unterbewusstsein reagiert kaum auf Logik. In den 30 Jahren, seit ich fliege, habe ich in vielen tausend Stunden Flug ohne Sicht nie ein Problem mit dem künstlichen Horizont gehabt. Niemals habe ich aber eine derartige Sinnestäuschung über so lange Zeit erlebt.

Bild 33Pünktlich zum veröffentlichten Zeitpunkt der Öffnung des Flughafens Goya bin ich angekommen. Meinen Request zum Sinken konnte man nicht nachkommen. Welches Problem sollte es denn geben dass ich als VFR Flieger nicht sinken darf? Es war noch kein bevollmächtigter Wetterbeobachter verfügbar welcher ein amtliches QNH geben könnte. So lernt man wie man Probleme machen kann. Bei sehr schlechter Sicht durfte ich nach Erhalt der offiziellen Wetterinformationen landen.
Zuerst wurde ich zur Abstellfläche etwas Abseits des Hauptterminals geleitet.
Meine Suche nach Helfer vom Handling war vorläufig erfolglos. Es dauerte eine halbe Stunde bis der erste erschien. Langsam kam dann der Sprit in 20-Liter Flaschen. Keine Ahnung welche Oktanzahl der hatte, aber es war Treibstoff da.

Dann die Vorbereitungen zur Ausreise. Alles dauerte lange. Mittlerweile machte ich Druck, da die Zeit bis zur Bild 34Dunkelheit immer weniger wurde. Ich wurde beruhigt und von einem Counter zum anderen gebracht. Ein Stempel hier, und etwas bezahlen da. Dann noch ein Stempel vom dem, und noch einer von einem anderen.
Erstaunlicherweise war allen klar wer ich war und mit welchem Flieger ich unterwegs war. Ich sagte, wenn noch etwas kommt dann fliege ich morgen. Nein wir sind fertig – nur noch zum Tower. Jetzt sagte ich S T O P P! Ich fliege heute nicht mehr! Es ist zu spät. Ungläubiges Staunen warum ich jetzt, wo doch alles erledigt sei, nicht mehr fliegen wollte. Meine Entscheidung war gefallen und unumstößlich.
Also alle Stempel und Ausreise Formalitäten wieder retour. Nun hatte ich Zeit. Danach fuhr ich mit dem Taxi in ein Hotel. Ich hatte wieder mal Hunger. Alleine im Speisesaal bekam ich eine Speisekarte.

HUNGER
Das Frühstück gestern war das letzte was ich an Kalorien zu mir genommen habe. Die Speisekarte in English und mit Bildern beglückt mich. Gemüse süß sauer und frisches Fladenbrot.
Ich halte mich zurück um nicht gleich mehr zu bestellen.
Die gefühlten 15 Minuten waren lang, aber dann das Essen. Eine Schau! Es schmeckt und wie!
Da ich alleine bin, ist es mit der feinen Art nicht allzu weit her. Der Boss der Küche hatte sichtlich Freude mit welcher Begeisterung ich gegessen habe. Gemüse, die gute Tunke, das heiße frische Brot. Um ja nichts übrig zu lassen, nochmals zwei frische Fladen. So heiß dass ich mir fast die Finger verbrenne.
Keine Ahnung ob wirklich das Essen so gut war oder ob nicht doch auch der Hunger Teil des Kochs war. War mir auch egal, es war super. Da bringt er auch schon die Rechnung. Entrüstet verlange ich nochmals nach der Karte anstatt der Rechnung. Ein Früchtebecher mit Eis. Soo ein Genuss!
Ok jetzt darf er die Rechnung bringen. Eine 1 Liter Flasche Wasser war auch dabei. Alles zusammen umgerechnet 5 Euro. Da ist ja glatt noch ein Euro Trinkgeld drinnen. Dann quatschen wir noch über die Reise. Er sieht, dass ich glücklich bin und meinen Traum lebe.

Das mit dem Eis war zwar ziemlich leichtsinnig von mir, aber mein Verdauungsapparat hat alles ohne Beschwerden verarbeitet. Generell sollte man bei Bedienungen wie in dieser Gegend vorsichtiger sein beim Essen. Andererseits wenn man keine toten Tiere zu sich nimmt, hat man das größte Gefahrenpotential schon vermieden. Ich hätte nicht einmal Tabletten gegen Durchfall mitgehabt. Eine kleine Reiseapotheke würde ich bei meiner nächsten Reise schon mitnehmen.

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Der Obstverkäufer

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Unglaublich wie viele Menschen in einem Tuk Tuk Platz haben. Es wird nie voll. Immer hat noch einer Platz.

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Er kocht . Vielleicht hätte unser Arbeitsinspektorat etwas an der Hygiene auszusetzten?

Bild 38Gebetsmühlen: Sichtlich helfen sie doch das Überleben zu erleichtern.



18.12. NACH KATHMANDU
Es war ein schöner Abend in Gaya. Ich genoss Indien wie es ist. Staubig, schmutzig, arm und mit einem Verkehr, der wirklich Angst macht.
Ich war mit mir im Reinen, den Flug abends nicht mehr angetreten zu haben. Wie viel leichter sind diese Entscheidungen zu treffen, wenn man wirklich niemanden in die Entscheidung einzubinden hat.

Am Morgen war ich früh auf und wartete auf das vereinbarte Taxi. Es kam erst statt wie vereinbart um 09:00 erst um 09:45. Es störte nicht.
Ich hatte nur einen zwei Stunden Flug vor mir und dafür einen ganzen Tag.
Die Ausreiseformalitäten waren schnell erledigt. Alle am Flughafen kannten mich und wussten von meinem Vorhaben. Dann zum Flieger. Alles verstauen und ich war ready.
Die gemeldete Sicht war 1500 Meter mit Sky clear. Ziemlich normales Wetter für Indien. 1000 fuß über Grund war wieder dieses horizontlose Einerlei. Kein Horizont am Himmel und Erdsicht. Wieder diese Täuschung mit der Schräglage. Der Dunst reichte an diesem Tag aber nur bis etwas über 4000 ft.

Vor dem Start bekam ich eine Clearance wie ich sie selten bei IFR Flügen bekomme. „Cleared to Kathmandu via Flight plan route, FL 75. After departure Runway 10 climb Runway heading 3000 ft, turn left established on track Radial 009 GGC, climb to FL 75, Squawk 0545.
Das alles für eine 650 kg Flieger welcher mit 500 ft pro Minute steigt und dabei mit 140 km/h fliegt.

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Zuerst war wieder dieser Dunst, welcher reines Fliegen nach Horizont erfordert. Kein Anhaltspunkt um die Richtung zu halten.
An der Grenze zu Nepal war ich dann über dem Dunst. Die großen Berge waren gut zu sehen. Meine Freude bereits riesig. Langsam kam ich in das Land meiner lang gehegten Träume. Ich hatte Funkverbindung mit Kathmandu. Da sie dort offensichtlich kein Radar hatten wurde die Position immer mit Radial und Distance mitgeteilt.
Ich knapp über einigen Cumulus Wolken. Die Sonne schien und ich flog zwischen den Bergen. In den Tälern war dieser trockene Dunst. Andere nennen ihn Feinstaub. Mir wird fast schlecht bei dem Gedanken bei einbrechender Dunkelheit in den Tälern herumzufliegen. In einer Gegend, wo ich noch nie war und keine Erfahrung mit dem Gelände habe. Wie war ich froh, die Entscheidung nicht zu fliegen gestern getroffen zu haben. Was man nicht alles von mir wollte. Versicherungen und Trainings. Auf die wahre Gefahr hat mich niemand hingewiesen. Dunst und schlechte Sicht im Tal.
Nun war ich aber mitten am Tag ohne Stress und mit einem riesigen Glücksgefühl fast am Ziel angekommen. Also ein schöner Flug gegen Norden bei wolkenlosen Himmel. Der Funkkontakt war heute perfekt mit den Indischen Bodenstellen. Da kamen sie. Die ersten Anzeichen von Bergen. Oder waren es doch nur Wolken am Horizont?
Rasch wurden die Berge deutlicher und markanter.
Bereits 50 nm vor der Grenze wurde ich an Katmandu übergeben. Man fragte nach "Aircraft type - Helikopter?" Keine Ahnung, ob er mit der Antwort "Single engine Motorglider" etwas anfangen konnte. Es war nicht das erste mal, dass man bei mir einen Helikopter vermutete. Wer fliegt sonst so langsam?
Immer wieder wurde ich nach der Registration des Flugzeuges gefragt. Erst später wurde mir bewusst, das man mein Kennzeichen OE9224 als Flugnummer interpretiert hatte. In Katmandu herrschte reger Verkehr.
Mir wurde aufgetragen "hold at 15 DME south KTM for 20 Minutes. Das hätte ich knapp vor Einbruch der Nacht gebraucht.

Da Flüge in Nepal für Ausländer nicht gestattet werden, ersuchte ich um einen Sight Seeing Flug mit einer Landung zwei Stunden später, Der wurde abgelehnt. Es sollte lediglich ein Umweg nach Kathmandu sein. Das hat aber meiner Freude keine Abbruch getan. Nach den Schwierigkeiten war ich nur froh dass man mich kommen hat lassen. Es hat zwar früher einmal ein „Forschungsprojekt“ gegeben wo mit Stemme Motorseglern in Nepal geflogen wurde. Sonst aber hörte ich von niemanden, der dieses wunderbare Land beflogen hätte.

Das Holding wurde in einen 25 DME arc to radial 270 geändert. Ständig position reports mit Radial and Distace. Ewas mühsam ohne VOR. Das GPS zeigt ja nur die Entfernung und Kurs zur Station. also immer mit 180 auf Gegenkurs umrechnen.
Dann Sinkflug auf 6500 ft. Nun war ich wieder voll im Dunst. Rundherum Berge bis weit über meine Flughöhe. Die MSA ist immerhin 21.200 ft. Nach unten wurde die Sicht wieder besser. Zwischendurch hatte ich auch den Funkkontakt verloren. Ein Airliner machte Relais.
Nicht auszudenken hier bei einbrechender Dunkelheit in schlechtester Sicht herumzufliegen. Wow war ich froh über meine Verschiebung gestern Abend.
Nun ging es ins Becken von Katmandu. Der Flughafen hat immerhin eine Höhe von 4318 ft. Im Endanflug kam die Landing clearance. Da ich ziemlich am Pistenende zu parken hatte überflog ich am Taxiway wartende Flugzeuge in erheblicher Höhe.
Die Landung und das Abrollen in Ordnung wie immer.
Aber da kam dieses Gefühl der Erleichterung. Es war geschafft.

Man führte mich an den Caravans und Twin Otters vorbei zu den Boeings. Meine Gedanken waren „Hoffentlich habe ich nicht zu bezahlen wie die großen“. Letztendlich bekam ich meine Parkplatz am internationalen Teil des Flughafens in Kathmandu.

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Zum Glück hatte ich keine Ahnung welche Gebühren mir verrechnet wurde. Es hätte meine Freude erheblich getrübt. Am Ende waren es deutlich über 3.000,-€ welche ich am Flughafen zu lassen hatte. Das ohne Hotel, Taxi oder Treibstoff den es da oben ohnehin nicht gab.
Dafür war der Empfang unerwartet. Vom ganzen Flughafen waren Sie gekommen um etwas Besonderes zu sehen. Ein Mann mit einem kleinen Holz Flieger aus Europa. Alle bestaunten und fotografierten.
Die wollten alle diesen Sonderbaren mit dem Kleinflugzeug sehen. Alle fotografierten und wollten ein Bild wo sie mit Flieger darauf sind. Es war sonnig, 15 Grad und schönstes Wetter.
Ein Traum ist wahr geworden.

Bild 41 Alle wollten sich mit dem kleinen Flieger fotografieren lassen

Wir parkten meine RF5 ziemlich im Eck. Wie einfach dieser Flieger am Boden zu bewegen ist, hat alle überrascht.
Mein Gepäck herausnehmen, Einbremsen, Störklappen voll setzen. Dann war auch ich bereit den Flughafen zu verlassen.
Erst jetzt bekam ich mit, wer für mich zuständig war. RJB machte das Handling. Sein Bruder Rajan war auch dabei.
Am Automaten ein 15 Tage Visum organisieren und durch die Passkontrolle. RJB ließ es sich nicht nehmen, mich auf einen Snack einzuladen. Vermutlich überschätzte auch er mich mit meinen finanziellen Möglichkeiten. Das taten auch viele andere. Sie glauben weil ich mit eigenem Flieger reise habe ich unbeschränkt Geld. Er buchte ein Hotel um 120$ die Nacht.
Generell versuche ich mit ca. je 50 - 60 Dollar auszukommen. Dennoch stimmte ich zu und wurde in einem sehr schönen Resort untergebracht. Am Abend fand eine große Hochzeit statt.

DANKE
Mein Ziel war erreicht und ich war nur glücklich und dankbar das erleben zu dürfen. Gerade in diesem Moment wusste ich aber auch wie sehr ich die Hilfe von vielen gebraucht hatte. Ich durfte das Erlebnis für mich auskosten während alle Unterstützer und Helfer unbeobachtet mir halfen.

Hier einige die es mehr als verdient haben erwähnt zu werden!

Elisabeth
Die mir letztendlich doch das OK gegeben hat meinen Traum zu versuchen. Ich weiß wie viel Ängste ich ihr aufgeladen habe.

Nikos
Er hat mich emotional verstanden.

Frido
Mit dem ich so viele verständnisvolle Gespräche führen durfte.

Dispatch in Wien
Ohne deren Hilfe wäre ich niemals hier.

Paul von Dispatch
Er war der erste dem ich mich anvertraut habe um ernsthaft mit Evaluation zu beginnen. Er hatte auch das notwendige Verständnis.

Ewald mit Crew
Ohne deren Hilfe den Flieger für das Projekt vorzubereiten hätte ich den ersten Tag schon nicht machen können.

HB - Heino und Andy Schlögl
Sie haben die Grundüberholung des 40 Jahre alten Fliegers gemacht. Nach all den Flügen der letzten Jahren, wurde ich immer sicherer dass die RF5 der Flieger für meine Reise ist.

All die vielen Helfer auf den Flughäfen
Je ärmer die Leute umso mehr Hilfsbereitschaft durfte ich erfahren.

Alle die ...
Treibstoff in Fässern, Bottles oder mit dem Auto von der Tankstelle besorgt haben.

Yathartha Jindal
Die Reparatur vom Funk war mittelfristig eine Rettung. Wie wäre ich aufgeschmissen gewesen.

Hrishikesh
Wie könnte ich ohne seine Hilfe so problemlos durch die Indische Bürokratie mit ihren Vorschriften kommen?

Die Botschaft in Delhi
Vielen Dank für die Unterstützung. Unkompliziert, rasch und kostenlos. Da ist das Steuergeld gut angelegt.

Austro Control
Auch hier wurde rasch und unkompliziert geholfen um notwendige Genehmigungen zu bekommen.

Santa Bdr Lamichhane
Ohne ihn gäbe es keine Genehmigung um nach Nepal zu fliegen.

Alle die ich nicht genannt habe waren auch wichtig.

Ich darf das Erfolgserlebnis an der Spitze genießen. Eine Arbeit ist dann gut gemacht wenn man nicht merkt wie viel Arbeit investiert wurde.
Ich bin dankbar einen Österreichischen Pass zu haben, mit dem man überall hinreisen kann.

Willi der Luftwanderer

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